Im Fachjournal ZooKeys beschreibt ein Team des Wasserforschungsinstituts Eawag und der Universität Bern sieben endemische Felchenarten der Berner Oberländer Seen – vier davon wurden vorher noch nicht wissenschaftlich beschrieben, zwei erst in den letzten Jahren als eigenständige Arten erkannt. Eine Felchenvielfalt wie in Thuner- und Brienzersee gibt es in der Schweiz sonst höchstens noch im Vierwaldstättersee; und gerade bei solch tiefen Seen sind weitere Überraschungen nicht auszuschliessen.
Als der Biologe Paul Steinmann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Felchen der Schweiz dokumentierte, kam er auf 35 verschiedene «Formen» – in jedem grösseren See mindestens zwei. Unterdessen weiss man, dass es sich bei diesen «Formen» nicht nur um Ökotypen mit unterschiedlichen Anpassungen an die Umwelt handelt, sondern um echte Arten, deren genetische und ökologische Differenzierung durch Hybridisierung ganz oder teilweise verschwinden kann, wenn sich die Lebensräume verändern. Eine solche Veränderung war die Verschmutzung und Überdüngung der Schweizer Seen nach der Mitte des letzten Jahrhunderts. Sie führte dazu, dass ein Drittel der historisch bekannten Felchenarten ausstarb, bzw. durch Hybridisierung mit anderen Felchenarten genetisch verschmolz. Diese Arten mit ihren spezifischen Umweltanpassungen sind unwiederbringlich verloren; denn alle Felchenarten der Schweiz sind endemisch, das heisst, sie kommen nirgendwo anders vor als in den Seen, in denen sie entstanden sind.
Von den ursprünglich besonders artenreichen Seen waren der Vierwaldstättersee und die Berner Oberländer Seen weniger stark von der Eutrophierung betroffen. Mit sechs, respektive sieben bekannten Arten gehören sie heute noch zu den Seen mit dem grössten Felchenartenreichtum weltweit.Von den Berner Oberländer Arten sind mindestens sechs nach dem Ende der letzten Eiszeit vor 12000 Jahren entstanden. Die Herkunft der siebten ist kompliziert. Denn diese Art hat eine Hybridisierungs-Vergangenheit mit Felchen aus dem Bodensee, die durch Besatz im 20. Jahrhundert in Thuner- und Brienzersee gelangt sind.
Alle sieben Arten wurden jetzt von Oliver Selz und einem Team um den Evolutions- und Fischbiologen Ole Seehausen am Wasserforschungsinstitut Eawag und dem Berner Institut für Ökologie und Evolution wissenschaftlich beschrieben – vier davon zum ersten Mal überhaupt. Die ganze Zusammenfassung und den Link zur englischen Originalpublikation gibt es in den Eawag-News.